Krisen nehmen (vermeintlich) weltweit in ihrer Dynamik und Ausprägung immer größeren Platz in unserer aller Leben ein. Soweit die Wahrnehmung. Statistisch aber sind Kriege, Krankheiten, Inflationen etc. weltweit eher auf dem Rückzug. Warum nehmen Menschen in diesen Zeiten, entgegen dieser Erkenntnisse, Krisen immer  bedrängender und  bedrohlicher wahr? Angst!

Krisen wecken uns aus der Komfortzone

Vermutlich sind die Leser dieser Gedanken, also dieses Blogbeitrags, eher Enkel, vielleicht auch noch Kinder von Menschen, die den zweiten Weltkrieg auf dieser Erdhalbkugel direkt oder zumindest indirekt mit all ihren Schrecken erlebt haben. Die Kriegserlebnisse waren Krise pur, lang anhaltend mit kolossal viel Leid, Krankheit, Verletzung, Tod. Die Kölner Autorin Sabine Bode hat sich in ihren Büchern über die Kriegsgeneration und deren Nachfahren intensiv mit dem Phänomen der Weitergabe von Angst durch Krisen beschäftigt. Selbst genetisch, aber vor allem auch durch mündliche, schriftliche Weitergabe der Krisenerlebnisse inclusive Flucht wird auch bei heute jungen Menschen Krise quasi als ererbt erlebt. Angst, Lebensangst, oder die Angst vor dem Ungewissen, wird sofort bei Auftreten einer Krise als bedrohlich empfunden. Der Mensch wird adhoc aus seiner Komfortzone gerissen. In seinem System wird die Angst getriggert. In Windeseile geht er in den Krisenmodus, der von Unwohlsein bis hin zur Ohnmacht reicht

Krisenbewältigung: Angriff, Rückzug, Ohnmacht

Trotz eines gesunden Verstandes und intakten emotionalen Systems reagiert der Mensch wie seine Vorfahren vor zigtausend Jahren, oder auch wie das Tier. Der eine geht instinktiv auf Angriff über und behauptet sich in seinem Terrain. Die andere zieht den Rückzug aus dem Geschehen vor. Eine Dritte „stellt sich lieber tot“, will heißen, fällt in Ohnmacht. „Wir sind halt so“ ist ein klassischer Glaubenssatz, mit dem wir Menschen unsere spontanen Empfindungen deklarieren oder zu rechtfertigen suchen.

Das Problem in so einem „tierischen“, also instinktivem Verhalten besteht darin, dass die Krise, die aufgekommene Gefahr, in keiner Weise überwunden wird. Meist verstärkt sich die Krise noch durch die Dauer, die von dem Menschen oft unerträglich lang empfunden wird, weil er sich handlungsunfähig, quasi als Opfer empfindet. Lähmende Angst hat zwischenzeitlich das ganze System stillgelegt. Dieser Zustand wird von außen, der Umgebung, noch zusätzlich befeuert. Instinktiv sucht der Mensch sich „Mitleidende“, Menschen, die ähnlich empfinden, um sich gegenseitig die Hilflosigkeit zu beteuern. Massenphänomenologisch wirken hier die Medien in unserer Zeit. Dadurch, dass ja vermeintlich „die ganze Welt“ von der Pandemie, dem Krieg, der Inflation etc. betroffen ist, sieht sich ein großer Teil der Gesellschaft ihrem Schicksal hilflos ausgesetzt. Coolness und klarer Verstand sind nun gefragt..

Krisen laden ein zum Neudenken

Jeder Mensch empfindet Angst unterschiedlich. Angst ist auch etwas Gutes. Angst bewahrt uns vor echten, lebensbedrohlichen Situationen. Angst ist aber auch immer unspezifisch. Angst baut sich quasi als Monster vor uns Menschen auf und vernebelt den klaren Blick auf Lösungen, die wir Menschen bei klarem Verstand alleine oder besser noch in Gemeinschaft erarbeiten können. Wenn also Angst übermächtig geworden ist, wenn der Mensch sich in einer ausweglosen Situation glaubt, braucht es so etwas wie ein „Kriseninterventionsteam“. Wie nach Katastrophen wie Unfällen üblich, rückt ein geschultes Seelsorgerteam ein, um den Opfern psychologische Unterstützung zu gewähren. Diese Teams müssen aber in den besprochenen Krisensituationen nicht immer Profis sein. Es lohnt sich, in kleineren erlebten Krisen mit klarem Bewusstsein sich der Aufgabe zu stellen, die Krise aktiv als solche selbst zu erkennen, zu analysieren und eine neue Chance aus der Krise heraus zu entdecken, zu erarbeiten.

„Not macht erfinderisch“ ist so ein klassischer stützender Glaubenssatz, der Mut machen soll, seinem Schicksal neuen Drive zu geben. Die größten Innovationen, Erfindungen, sind in der Vergangenheit stets aus Situationen wie Mangel, Krieg, Krankheit hervorgegangen. „Geht nicht, gibt’s nicht“ ist ein bekannter Werbeslogan, der verdeutlicht, dass es stets einen Weg aus einer Krise heraus gibt. Voraussetzung für das Ebenen eines solchen Weges ist das Bewusstsein, dass ein jeder seine fünf Sinne und seinen Verstand aktivieren möge, um alleine oder in Gemeinschaft den Weg aus der Krise zu ebnen. Mut zum Neubeginn! Mut zum Erfolg durch Irrtum (Trial & Error) Wenn der eine Weg nicht zum Ziel führt, dann eben eine Alternative. Die Belohnung folgt auf dem Fuße. Lähmende Angst weicht Stolz und Zufriedenheit darauf, wie man aus der Krise souverän herausgefunden hat.

Der Talisman für künftige Krisen

Wenn wir akzeptieren, dass unser aller Leben nicht nur eitel Sonnenschein ist, sondern die eine oder andere Krise auf dem Lebensweg heraufziehen wird, mildert diese Erkenntnis bisweilen die große Angst vor dem Untergang. Wenn wir uns unserer Ressourcen, unseres Verstandes, bewusst sind und ihn auch im Krisenfalle rasch in Gang setzen, sollte die Bewältigung von Krisen uns zukünftig Bäume versetzen lassen.

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Georg W. Moeller: Führungskräftecoach und Trainer

Über den Autor
Georg-W. Moeller ist Führungskräftecoach und Spezialist für Unternehmernachfolge. Seine Website: gwm coaching plus: Motivationscamp