Was, wenn die Feindseligkeiten im Unternehmen ganze Arbeitsabläufe hemmen? Mediation heißt dann das Lösungswort; eine professionelle Mediatorin blickt von außen auf das Konfliktgeschehen und lenkt die Kontrahenten behutsam zu einem gegenseitigen Verstehen…

Wenn gar nichts mehr geht: Mediation löst Blockaden

„Oje, wenn ich den Kollegen schon nur höre, reicht es mir schon wieder….“

In solchen Fällen, in denen Positionen dermaßen verhärtet sind, dass schon die Stimme oder der Anblick des Kollegen oder der Kollegin dessen Kontrahenten auf die Palme bringt, in solchen Fällen kann Mediation Erstaunliches leisten

Woher kommt Mediation und was ist das?

Mediation ist stark beeinflusst von dem Harvard-Konzept („Getting to Yes“ von Roger Fisher und William L. Ury). Hierbei werden Verhandlungen zwischen zwei oder mehr Beteiligten durch einen neutralen Dritten (Mediatorin) weit über einen Kompromiss hinaus begleitet; dies geschieht mittels eines stark strukturierenden Verfahrens, welches zu einer selbstverantwortlichen Lösung führt. Zielsetzung ist es, dass die Verhandlungs- bzw. Konfliktpartner ihre Arbeit wieder reibungslos und effizient erbringen; vertiefend geht es darum, verschiedene oder auch gegensätzliche Meinungen konstruktiv zur Konfliktbewältigung nutzbar zu machen.

Elfriede und Tobias im Dauerclinch – und nun?

Steigen wir einmal in einen konkreten Fall ein, um zu verdeutlichen, was Mediation zur Konfliktbewältigung beitragen kann. Nennen wir die beiden Kontrahenten Elfriede und Tobias; die beiden Mitarbeiter ein und derselben Abteilung haben größtenteils klar getrennte Aufgabenbereiche. Gleichzeitig sitzen die beiden in einem Zimmer und es ist überdeutlich, dass hier etwas nicht stimmt. So werden Gespräche mit anderen Kollegen sofort beendet, wenn der jeweils andere (Tobias oder Elfriede) den Raum betritt. In Besprechungen fallen sich Tobias und Elfriede gegenseitig ins Wort, teilweise werden beide sehr heftig in ihrer Argumentation.

Tobias und Elfriedes Vorgesetzter beobachtet zwar, dass sich die beiden soweit wie möglich schon aus dem Weg gehen. Nichtsdestotrotz leidet mittlerweile das gesamte Team unter diesem Dauerdisput; zugleich versuchen sämtliche Kollegen, sich möglichst neutral zu verhalten. Nun spricht mich der direkte Vorgesetzte an, weil er sich von der Mediation eine Klärung verspricht. Bei beiden Kontrahenten ist eine (wenn auch graduell unterschiedliche) Bereitschaft da; also beschließen wir, mit Vorgesprächen zu starten.

Verlauf der Mediation: Die Phase des Herantastens

In getrennten Vorgesprächen habe ich Elfriede und Tobias die Prinzipien der Mediation erklärt – und  ich habe ihnen Ängste genommen, wie z.B. die Angst vor einer gemeinsamen Anfahrt in das Mediationsbüro. Nach diesem Vertrauensaufbau stimmten beide dem  gemeinsamen Gespräch zu.

Die erste Mediationssitzung erfolgte nun sehr rasch; hier erstellten wir  gemeinsam Regeln für die Kommunikation. Anschließend schilderten Elfriede bzw. Tobias jeweils aus ihrer Sicht, was sie mit dem jeweils anderen verhandeln und klären wollten. Die Rolle der Mediatorin liegt hier stark in der Versachlichung möglicher emotionaler Angriffe; durch aktives Zuhören (Paraphrasieren) fördert die Mediatorin das jeweils gegenseitige Verständnis füreinander. Zudem gelingt es so, eine emotional sich wechselseitig vorantreibende Kommunikation stark zu entschleunigen.

Jetzt können die Konfliktpartner schon nicht mehr ihre gewohnten Verhaltensmuster an den Tag legen. Die Mediatorin arbeitet mit beiden Seiten die sachlichen Themen heraus, die dann anschließend Stück für Stück verhandelt werden. Durch gezieltes Nachfragen verdeutlicht die Mediatorin Hintergründe und Interessen für das vorherige, konfliktbehafteteTun – so werden die nun aufgedeckten Ursachen des Konflikts auch auf dieser Ebene verhandelbar. In dieser Phase ist es zwar möglich, Lösungsvorschläge zu visualisieren, es sollte aber nicht forciert werden – denn aktuell steht das gegenseitige Verstehen im Vordergrund.

Mediation konkreter: Wie gehen wir künftig miteinander um?

In einem zweiten Mediationsgespräch war es dann möglich, mit Elfriede und Tobias das priorisierte Thema „Umgang miteinander“ detaillierter zu verhandeln. Jetzt waren die beiden Medianten schon so weit, dass sie untereinander Augenkontakt suchten – und sie konnten sogar wieder miteinander lachen. Dies bedeutet für mich den Zeitpunkt, das Gespräch nicht mehr vollständig über mich zu kanalisieren. Gerade bei hoch eskalierten Situationen kann dies dazu beitragen, die Situation zu deeskalieren. Elfriede und Tobias handelten nun direkt miteinander konkrete Vereinbarungen für die Zukunft aus.

Als Mediatorin übernehme ich dieser Phase die Rolle, die getroffenen Vereinbarungen zu visualisieren, so dass es für beide Parteien stimmig ist. Wenn wir alle in diesem Prozess soweit gediehen sind, steht nun die Überlegung im Raum, wer von dieser Vereinbarung erfahren soll. Mit Elfriede und Tobias einigten wir uns darauf, dass die beiden gemeinsam ihren Vorgesetzte über die Ergebnisse informierten; ich übernahm den Part, den Vorgesetzten über den Verlauf der Mediation in Kenntnis zu setzen. Das Team hingegen soll lediglich erfahren, dass die beiden sich geeinigt hatten. Elfriede und Tobias werden diese Vereinbarung nun für zwei Monate auf Alltagstauglichkeit testen und sich dann nochmals bei mir melden, um zu überprüfen, ob eine weitere qualitätssichernde dritte Sitzung benötigt wird.

Mediation lohnt sich nicht nur für die direkt Beteiligten

Obwohl in diesem Fall die Mitarbeit der Medianten nicht ganz freiwillig war (was in einer Wirtschaftsmediation des Öfteren der Fall ist) konnte hier durch insgesamt 16 Stunden Investition seitens des Unternehmens die Situation wieder deutlich erleichtert werden. Die 16 Stunden setzen sich zusammen aus meiner sechsstündigen Arbeit mit den beiden Medianten (zwei Vorgespräche im Unternehmen sowie zwei Sitzungen à je zwei Stunden) sowie aus (arbeitnehmer- bzw. unternehmensseitig gesehen) 10 Stunden, in denen die beiden Angestellten durch die Teilnahme an den Vorgesprächen und Sitzungen ihrer vom Unternehmen bezahlten Arbeit nicht nachkommen konnten. Nach der vereinbarten Probezeit (werden sich die in der Mediation erzielten Ergebnisse im Arbeitsalltag bewähren?) war keine weitere dritte Sitzung erforderlich und der Vorgesetzte berichtete, dass sich die Lage auch für das gesamte Team im Unternehmen deutlich entspannt habe. Die Kosten einer solchen Mediation rechnen sich also absolut, wenn man bedenkt, wie teuer ein Unternehmen ein unbearbeiteter Konflikt und dessen Auswirkungen zu stehen kommen. Laut einer Konfliktkostenstudie der KPMG können diese Kosten rasch im fünfstelligen Bereich landen.